Presseaussendung Juli 2021

Notwendiger Paradigmenwechsel im Straßenbau

– eine Erklärung der UNABHÄNGIGEN BÜRGERINITIATIVE ‐ STOPP AUTOBAHN S4 / JA ZUR SICHERHEIT.

Presseaussendung vom 5.7.2021

Betreffend den Sicherheitsausbau der S4 erging vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) am 1. 4. 2021 ein negativer Feststellungsbescheid, demzufolge für den Ausbau keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei. Dagegen wurde auf Betreiben der Bürgerinitiative (BI) „Stopp Autobahn S4“ von Bürgern aus Bad Sauerbrunn und den umliegenden Gemeinden wie auch seitens der Gemeinde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

In Folge wurde im Beschwerdevorentscheid des BMK vom 17.6.2021 entschieden, dass für den Sicherheitsausbau nun doch eine UVP notwendig ist, und zwar basierend auf der Entscheidung des BVwG zur A22. Die ASFINAG hatte in der 2-wöchigen Einspruchsfrist die Möglichkeit - wie für das Projekt A22 - Rechtsmittel zu ergreifen.

Es ist festzuhalten, dass Beschwerdeführer gegen den Feststellungsbescheid die BI war und nicht wie irrtümlicherweise in der entsprechenden Presseaussendung berichtet „GRÜNE“ Mattersburg.

Der nunmehrigen medialen Diskussion sind einige Fakten hinzuzufügen. Sicherheit ist das berechtigte und wichtige Argument für Handlungsbedarf bei der S4; eine Erhöhung der Sicherheit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem massiven Ausbau der S4 auf Autobahnniveau. Das von der ASFINAG eingereichte Projekt umfasst die Rodung von 17,7 ha Fläche und eine Querschnittsverbreiterung von 15,7 auf 30.0 m, Kosten - 144 Millionen Euro für 14,3 km. Der technische Ausbau erfolgt für eine Befahrung mit 130 km/h und die Beibehaltung des jetzigen Geschwindigkeitslimits von 100 km/h wird gewünscht, kann aber nicht garantiert werden.

Es ist notwendig, das Kind beim Namen zu nennen: das Projekt ist Teil einer zweiten internationalen Querverbindung, die Transitverkehr ermöglichen und anziehen wird, sehr zum Nachteil insbesondere des nahe an der Trasse liegenden Kurortes Bad Sauerbrunn, aber auch der gesamten Region.

Die BI erachtet es als notwendig, den Sicherheitsausbau in größerem Kontext zu sehen, einerseits wie oben erwähnt aus Sicht der Transitentwicklung, andererseits aus Sicht des Klima- und Naturschutzes. Das Projekt ist ein riesiger Eingriff in bestehende, umliegende Ökosysteme mit entsprechender Flächenversiegelung, dauerhafter Lärmbelastung und Schadstoffbelastung von Luft und Wasser.

Die Prioritäten der einzelnen Stakeholder sind nachvollziehbar, jedoch ist es trotzdem nicht zynisch, den Sicherheitsausbau einer von einem unabhängigen Gericht vorgeschrieben UVP zu unterziehen. Es ist vielmehr zynisch, in Zeiten eines nicht zu leugnenden Klimawandels (e. g. Tornado in Südtschechien, 49,5°C an der normalerweisen kühlen Westküste Nordamerikas) an veralteten Infrastrukturprojekten festzuhalten, die unsere jetzigen Lebensrealitäten ausblenden.

Hinsichtlich des Erreichens gesetzter Klimaziele ist eine Re-evaluierung von Bauprojekten, die zusätzliche CO2 Produktion und hitzegenerierenden Flächenverbrauch fördern, zwingend notwendig.

Eine unmittelbare Erhöhung der Sicherheit auf der S4 wäre durch eine rigorose Kontrolle des 100 km/h Geschwindigkeitslimits zu erreichen, welches zurzeit von wenigen Benützern eingehalten wird. In zweiter Linie könnte seitens des Landes auch die Benutzungsgeschwindigkeit herabgesetzt werden. Sollten bauliche Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit erfolgen, dann mit möglichst geringen Eingriffen in die Umwelt und bei nachfolgender Nutzung mit möglichst geringer Lärm- und Schadstoffbelastung.

Eine Transitautobahn gefährdet die Zukunft des Kurortes Bad Sauerbrunn, und es sollte verständlich sein, dass sich betroffene Bürger und Gemeinde zur Wehr setzen. Die BI plant, auch in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, Parteienstellung im UVP Verfahren zu erlangen um eine adäquate Beurteilung des Projektes zu erreichen.

Die Realität des Klimawandels erfordert einen Paradigmenwechsel bei Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten, insbesondere im Straßen(aus)bau. Diese notwendige Veränderung sollte zur Kenntnis genommen und unterstützt, jedoch nicht behindert werden. Das Faktum, dass Österreich bereits 500 Mio. € Strafzahlungen für das Nichteinhalten vorgeschriebener Klimaziele zu leisten hatte und zukünftig noch viel höhere Summen zu leisten sein werden, unterstreicht diese Notwendigkeit in eindrucksvoller Weise